Bei den Perlbooten auf Besuch
Korallensee
Rotfisch Rotfisch Rotfisch Rotfisch
Nautilus pompilius?               Argonauta argo?
Zwei Kopffüß(l)er der besonderen Art
Rotfisch Rotfisch
Rotfisch
Blacktip shark

Zuerst zur Nautilus! Eigentlich verrät es schon der Klassenname: Wem die Füße am Kopf sitzen, der ist ein guter Geher, weiß schon im voraus, wo er hinwill und ist immer wohlauf. Unsere Nautilus darf nicht mit einem römischen Nauticus verwechselt werden, aber sicher hat sie sich seit einer halben Milliarde Jahren als Nautikerin am Steuer ihres Perlbootes bewährt, hinterließ schon vor knapp 450 Millionen Jahren erste Spuren, kommt also wirklich von weit her und schwimmt im warmen Pazifik heute noch immer an steilen Riffwänden auf und ab.

Nach den ersten 200 Millionen Jahren erlebte sie das Entstehen der heutigen Steinkohlelager mit, und noch einmal so unvorstellbar weit wird die Zeit versinken, da versteinern die letzten Ammoniten aus dem Eozän und mit ihnen fast alle Nautiliden. Sie waren über die ganze Erde verstreut gewesen und als Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch viel zu groß. Zu ihrer besten Zeit bevölkerte noch kein gefräßiger Knochenfisch die Meere. Deshalb gehören noch heute Kraken, Quallen und kleine Krebse zu ihrer Leibspeise. Das entspricht ganz ihrem geruhsamen Dasein.  Ein lebendes Fossil.

Was aber dazu geführt hat, der Nautilus zur Unterscheidung den Artnamen Pompilius anzuhängen, weiß ich immer noch nicht. König Pompilius, ein Sabiner, regierte laut Legende etwa 700 v.Chr. in Rom. Er war also Romulus' Nachfolger auf dem Thron. Eine würdige Verwendung dieses legendären Namens für unsere Nautilus. Würdig auch, was mit so einem seidenweich glänzenden Perlmuttgehäuse geschah, wenn es den Weg nach Europa fand. Fürsten und Könige ließen dieses Wunderwerk als Trinkgefäß auf Silber und Gold montieren. Ein sinnloses Unterfangen und nur zum Anschauen und Bewundern gedacht. Wer glaubte, so ein Trinkhorn aus Perlmutt ließe sich mit Wein füllen, sah sich getäuscht.

Der Clou der klugen Überlebenskünstlerin war nämlich, dieses Schneckenhaus in Form einer logarithmischen Spirale in Luftkammern zu unterteilen. Diese sind zu Lebzeiten mit Luft oder Wasser gefüllt. Nur eine strangähnliche Hydraulikvorrichtung reicht vom Kopf bis in die entfernteste Kammer und versorgt sie mit Luft oder Wasser. Jules Verne horchte auf, als er das vernahm, denn wovon er nur träumte, ihr und ihrer Familie erlaubte das, täglich U-Boot zu spielen. Wird ihr nämlich gegen Abend auf dem Meeresgrund hungrig, pumpt sie diese Kammern aus der eigenen Gasflasche voll, das Wasser entweicht und der so entstandene Auftrieb läßt sie zum Rande tropischer Riffe hinaufsteigen. Dort frißt sie sich im Schutze der Nacht satt.

Leider ist die Futtersucherin halb blind. Das ist schon an ihrem Zickzackkurs zu erkennen. Sogar die sogenannte Agfa Box, eine Vorkriegskamera für 4 Reichsmark, lieferte ein besseres Bild. Wie leicht könnte die Nautilus da einem anderen Hungrigen, der nicht nur besser sah, sondern vielleicht auch noch Nachtsichtgläser besaß, vor das Maul treiben. Dieser Gefahr bewußt, flutete sie, sobald der Bauch voll, wie ein U-Boot alle Luftkammern. Aber wie? Einfach das Gas entweichen lassen und die Kammern mit Wasser füllen! Schon sinkt sie wieder wenigstens 500 m tief in schwärzeste Nacht. Keiner findet sie dort unten. Ein ungestörter Verdauungsschlaf ist gesichert. Das hatte schon Altmeister Linné 1758 herausgefunden, und Jüles Verne kam das gerade recht, seinen literarischen Nautilus erfolgreich 20.000 Meilen unterm Meer auf Entdeckungsreise zu schicken.

Unsere Nautilus sammelte also schon zur Kreidezeit ganz ohne Greenpeace Erfahrung, wie einer in feindlicher Umwelt überlebt. Durch zunehmende Überfischung durch Dinosaurier und die ersten Haie, Schmelzschupper und Knochenfische frühzeitig klug geworden, hatte sie sich mit der Zeit auf gentechnisch noch erlaubtem Wege statt 8 oder 10 nun über 90 Fangarme zugelegt. Auf Saugnäpfe verzichtete die Weise, oder sie kamen ihr mit der Zeit abhanden. Ihr fehlte wohl der technische Verstand, fast 100 Arme beim Saugen in Einklang zu bringen. Das schaffen sogar Liebespaare nicht immer und haben nur vier. Auch die Optik hinkt bei ihr noch hinterher. Ihre linsenlosen Lochaugen verraten, aus welcher Urzeit sie auf uns gekommen ist. Gesehen hat sie also gerade mal hell und dunkel. Mehr brauchte sie auch nicht zu wissen, konnte sie doch gut schnüffeln. Würden Sie sich, lieber Besucher, gerne plötzlich einer riesigen Meeresechse aus der Kreidezeit gegenüberstehen sehen? Was blieb ihr also alles an Greulichem im Gegensatz zu den hochentwickelten Röhrenglotzern unserer Ära erspart!

Als ich 1967 zum ersten Mal Europa den Rücken kehrte und damals wochenlang allein nach Westindien segelte, fiel einer verehrten Brieffreundin aus Icking meine Ähnlichkeit zur Nautilus auf. Sie glaubte wohl nicht ganz unberechtigt, ich wollte auch wie eine satte Nautilus in der Versenkung verschwinden. Sie folgte dabei sicher in ihrem mit Afrikana geschmücktem Heim auch eigenen Traumspuren. War sie doch schon mit ihrem Onkel, dem Afrikaforscher Hans Schomburgk, Löwen und Zebras filmen gewesen. Seitdem setzte sie an den Anfang ihrer Briefe an mich: "Lieber Nautilus!". Das gefiel mir.

Jahrelang habe ich anschließend Nautilus und Argonaute für ein und dasselbe Wesen gehalten. Diese Ähnlichkeit! Zwei schneckenhausartige Gehäuse, eins Perlboot, eins Papierboot genannt.  Das ging nicht nur mir so. Auf einer amerikanischen Postkarte ist das U-Boot Nautilus der US-Marine zusammen mit den beiden Kopffüßern abgebildet, um die es hier geht, einer Nautilus pompilius und einer Argonauta argo. Dabei ist die Argonaute keinesfalls Vorbild für ein U-Boot. Ein Papierboot, das immer an der Oberfläche treiben muß! Sie hat nämlich im Laufe von 500 Millionen Jahren ihr Wohnhaus verloren wie die anderen Kraken und Tintenfische auch und muß sich, mit nur acht Armen an der Meeresoberfläche bewegend, ihr Futter suchen. Da wird sie sehr leicht zur Beute von Fischen und Seevögeln.

Die Argonate baut sich noch heute ihr Bootchen selbst dank "Gipsdrüsen" an zwei Armen. Es hat sehr dünne Wände und bietet nur Platz für ihre Eier und am Rande für sich selbst, wie eine Mutter, die auf ihrem Kinderwagen mitfährt. Das ganze Gehäuse ist mit Knitterfalten bedeckt wie Henriettes geschickt gefaltete Stoffservietten neben dem Tafelgeschirr. Das sorgt sogar beim Papiertauben-Falten für Flugstabilität. Die Argonaute als Erfinderin des Wellblechprinzips !

Dank starker Saugnäpfe hält sie eisern fest, was ihr zu nahe kommt. Das versuchte ich genauso, wenn Aussicht auf Chartergäste bestand. Oder schon 1968. Da war ich in einem relativ noch dünnerem Sperrholzboot, äußerlich auch so weiß, mit dem dreieinhalbjährigen Little Rudy und zehn Dutzend Eiern von England nach Westindien gesegelt, und das im Winter und zum ersten Mal zu dritt in einem Katamaran, ein Unding in jenen Jahren, wie alle Welt glaubte. Bei dem Schlechtwetter, das uns begleitete, hätte ich mich damals gerne in eine Nautilus verwandelt und wäre bis zur Wetterbesserung ein paarhundert Meter unter die stürmische Meeresoberfläche abgesunken.   

Wie mag es dazu gekommen sein, daß diese fast einen halben Meter lang werdenden Papierschalenboote zu ihrem griechischen Namen kamen? Argo hieß Iasons Schiff, auf dem er das goldene Vlies an sich reißen wollte. Maria Callas als Medea hat, unnachahmlich singend, seinen Namen durch die Opernhäuser der Welt getragen. Seine Kampf- und Segelbrüder waren also die Argonauten, die auf der Argo Mitfahrenden. Argonauta argo klingt also ein bißchen wie doppelt gemoppelt, kommt aber davon, daß ihr unter "ferner liefen" noch mehrere Argonautenarten im Kielwasser folgten. Leider liegt in meinem Museum nur ein papierenes Papierboot und das diesmal nicht aus Stilgründen. Es kann auf dieser Seite, seit ich es wieder flottgemacht habe, besichtigt werden.

Am Strand von Lombok bei Bali fand ich in den Neunzigerjahren endlich das handspannengroße Perlmuttgehäuse einer echten Nautilus. Ich nahm sie als Strandgut mit und legte sie, wie es sich für einen Treibgutsammler gehört, zu meiner Puppenbeinsammlung aus der Karibikzeit.

Argonauta argo Sieht es nicht so aus, als ob die Argonautenmutter mit ihrem Nachwuchs wie im Kinderwagen über die Seeoberfläche schaukelt? War der Londoner Kupferstecher vor 200 Jahren richtig informiert, dann hatte die besorgte Mutter sogar zwei Schönwettersegel vorgeheißt. Bei Schlechtwetter verschlossen sie die Luke. Die langen, im Fahrwasser nachgezogenen Fangarme suchen unterdessen nach Nahrung. Von Wind und Fahrtstrom verstand unser Papierbootzeichner jedoch so wenig wie viele seiner Zeitgenossen unter den Marinemalern

Lange genug im Wasser gewesen? Dann bitte links ein neues Ziel auf dem Wegweiser anpeilen, Ist Ihnen dort unten kalt geworden, finden Sie Sonnenschein am ehesten bei meinen Karibikbildern.
Unterwasserphotograph Dusky shark

Woher die Luftblasen kommen, wundern Sie sich? Ganz einfach! Wenn sich eine Nautilus an Krebsen und Quallen satt gegessen hat, will sie nur noch zum Meeresgrund hinunter und sich dort schlafen legen. Sie läßt also die Luft wie ein U-Boot aus ihren Auftriebskammern entweichen. Seewasser strömt nach und füllt das Vakuum aus. Dieser zusätzliche Ballast zieht sie in die Tiefe. Gönnen wir ihr den Verdauungsschlaf bei Vollmond.

Was den einen oder anderen, der das liest, vielleicht nicht schlafen läßt: Warum soviele Millionen Jahre vergehen mußten, bis Ingenieure um 1900 die ersten seetüchtigen Unterseeboote entwarfen, die nach demselben Prinzip auf- und untertauchen können. Oder andersrum gefragt: Wer hat dieses technische Wissen dem Weichtier Nautilus unter Dinosauriern beigebracht?
Satte Nautilus
Hier unten ist es 800 bis 1000 m tief und ganz dunkel.
Kein Hai wird uns hier fressen
Nautiluskind ..schläft schon

Zu den Palmeninseln auftauchen?
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